Wenn der Zahn eine zweite Chance verdient

Wenn der Zahn eine zweite Chance verdient

| 13.4.2025 |

Die Wurzelspitzenresektion (WSR) ist ein etabliertes chirurgisches Verfahren in der Zahnmedizin, das zum Zahnerhalt beiträgt, wenn konventionelle endodontische Behandlungen an ihre Grenzen stoßen. Sie bietet eine entscheidende Option für Patienten, deren Zähne trotz Wurzelkanalbehandlung weiterhin Entzündungen im Bereich der Wurzelspitze aufweisen oder bei denen eine primäre Wurzelkanalbehandlung aufgrund anatomischer Gegebenheiten nicht vollständig durchgeführt werden kann. Die Notwendigkeit einer WSR ergibt sich häufig aus persistierenden periapikalen Läsionen, die Schmerzen verursachen oder ein Infektionsrisiko darstellen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Wissenschaft und Technik hat die Erfolgsraten und die Vorhersagbarkeit dieses Eingriffs maßgeblich verbessert.

Fortschritte in der mikrochirurgischen Endodontie

Der aktuelle Forschungsstand zur Wurzelspitzenresektion (WSR) zeigt eine klare Tendenz zu mikrochirurgischen Techniken, die die Prognose des Eingriffs signifikant verbessert haben. Eine zentrale Erkenntnis der letzten fünf Jahre ist die entscheidende Rolle des Operationsmikroskops und spezialisierter mikrochirurgischer Instrumente. Diese ermöglichen eine präzisere Visualisierung des Operationsfeldes, einschließlich feiner anatomischer Strukturen wie Isthmen und Seitenkanälen, die mit konventionellen Methoden oft übersehen werden 1.

Die S2k-Leitlinie zur Wurzelspitzenresektion (Stand Juli 2020) betont, dass der Einsatz von Vergrößerungshilfen und mikrochirurgischen Instrumenten die Erfolgsraten der WSR erheblich gesteigert hat. Während konventionelle Verfahren historisch Erfolgsraten zwischen 43,5% und 74% aufwiesen, erreichen moderne mikrochirurgische Ansätze, wie in einem aktuellen Review von Thakur und Kaul (2025) hervorgehoben, Heilungsraten von bis zu 92% 1, 2. Diese Verbesserung ist primär auf die optimierte Präparation der Wurzelspitze und die exakte retrograde Füllung zurückzuführen. Die Leitlinie und aktuelle Studien empfehlen biokompatible Materialien wie Mineral Trioxid Aggregat (MTA) für den retrograden Verschluss, da diese eine hervorragende Abdichtung und Biokompatibilität aufweisen 1, 2.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der jüngsten Forschung betrifft die Anwendung von regenerativen Materialien zur Unterstützung der Knochenheilung nach WSR. Eine systematische Übersichtsarbeit von Sabeti et al. (2025) untersuchte den Einfluss von Knochentransplantaten, Membranen und Plättchenkonzentraten (z.B. plättchenreiches Plasma, PRP; plättchenreiches Fibrin, PRF) auf die Heilungsergebnisse. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Kombination von konzentrierten Wachstumsfaktoren mit Knochentransplantaten die Erfolgsrate der Knochenregeneration signifikant verbessert 3. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der gezielte Einsatz von Biomaterialien das Heilungspotenzial nach WSR weiter optimieren kann, auch wenn weitere Forschung mit größeren Stichproben und längeren Nachbeobachtungszeiten notwendig ist, um die konsistente Wirksamkeit umfassend zu belegen 3.

Kontroversen bestehen weiterhin hinsichtlich der optimalen Indikationsstellung und der Abgrenzung zur orthograden Revisionsbehandlung. Die Leitlinie weist auf Diskrepanzen zwischen den in wissenschaftlichen Studien publizierten hohen Erfolgsraten und den realen Versorgungsdaten hin, was die Notwendigkeit einer sorgfältigen Patientenselektion und einer standardisierten Durchführung unterstreicht 1. Die kritische Bewertung der Studienlage erfordert stets die Berücksichtigung von Methodik, Evidenzlevel und Limitationen, um die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die klinische Praxis zu gewährleisten. Dennoch ist der Trend eindeutig: Die mikrochirurgische Wurzelspitzenresektion hat sich als hochprädiktives Verfahren etabliert, das den Zahnerhalt in komplexen Fällen ermöglicht.

Diagnostik und Therapie

Die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wurzelspitzenresektion haben direkte und signifikante Auswirkungen auf die zahnärztliche Praxis. Die Implementierung mikrochirurgischer Techniken ist nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit für Zahnarztpraxen, die eine hohe Erfolgsquote bei der WSR anstreben. Dies bedeutet eine Investition in entsprechende Ausrüstung, insbesondere Operationsmikroskope und mikrochirurgische Instrumente, sowie in die Weiterbildung des Praxisteams. Die präzise Visualisierung des Operationsfeldes ermöglicht eine minimalinvasive Vorgehensweise, die zu geringeren postoperativen Beschwerden und einer schnelleren Heilung für den Patienten führt 1, 2.

In der Diagnostik gewinnt die dreidimensionale Bildgebung, insbesondere die Digitale Volumentomographie (DVT), weiter an Bedeutung. Sie ermöglicht eine detaillierte Beurteilung der periapikalen Läsionen und der umgebenden anatomischen Strukturen, was für die präoperative Planung der WSR unerlässlich ist. Die DVT hilft, die genaue Lage und Ausdehnung der Läsion zu bestimmen, mögliche anatomische Variationen zu erkennen und das Risiko von Komplikationen zu minimieren 1.

Die Wahl des retrograden Füllmaterials hat ebenfalls praktische Implikationen. Mineral Trioxid Aggregat (MTA) hat sich als Goldstandard etabliert und sollte in der Praxis bevorzugt werden. Seine Biokompatibilität und hervorragende Abdichtungseigenschaften tragen maßgeblich zum Langzeiterfolg der WSR bei 2. Die Anwendung von regenerativen Materialien, wie Knochentransplantaten in Kombination mit konzentrierten Wachstumsfaktoren, stellt eine vielversprechende Ergänzung dar, insbesondere bei größeren Knochendefekten. Zahnärzte sollten die Indikationen für den Einsatz dieser Materialien sorgfältig prüfen und gegebenenfalls entsprechende Fortbildungen in regenerativen Techniken absolvieren 3.

Die neuen Erkenntnisse verändern auch die Prophylaxe insofern, als eine erfolgreiche WSR den langfristigen Erhalt des Zahnes ermöglicht und somit die Notwendigkeit von Zahnersatz oder Implantaten in vielen Fällen vermeiden kann. Dies hat nicht nur gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen für den Patienten. Für die Praxis bedeutet dies eine Erweiterung des Behandlungsspektrums und eine Stärkung der Position als Kompetenzzentrum für komplexe endodontische Fragestellungen. Organisatorisch erfordert die Integration dieser fortschrittlichen Techniken eine Anpassung der Arbeitsabläufe und möglicherweise eine Spezialisierung innerhalb der Praxis oder die Zusammenarbeit mit spezialisierten Überweisern.

Innovationen für den Zahnerhalt

Die Zukunft der Wurzelspitzenresektion verspricht weitere spannende Entwicklungen, die den Zahnerhalt noch sicherer und vorhersagbarer machen werden. Ein vielversprechender Bereich sind laufende Studien, die sich mit der Optimierung von Biomaterialien und regenerativen Techniken befassen. Hierzu gehören die Erforschung neuer Knochenersatzmaterialien mit verbesserten osteoinduktiven Eigenschaften sowie die Weiterentwicklung von Plättchenkonzentraten, um deren Wirksamkeit und Anwendbarkeit in der klinischen Routine zu maximieren 3.

Potenziell disruptive Technologien wie die Künstliche Intelligenz (KI) könnten in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. KI-gestützte Diagnosesysteme könnten die präoperative Planung der WSR revolutionieren, indem sie auf Basis von Bildgebungsdaten (z.B. DVT) präzisere Vorhersagen über den Erfolg des Eingriffs treffen und optimale Behandlungsstrategien vorschlagen. Auch in der intraoperativen Navigation könnte KI zum Einsatz kommen, um die Präzision des Chirurgen weiter zu erhöhen und das Risiko von Komplikationen zu minimieren. Die Entwicklung maßgeschneiderter 3D-gedruckter Schablonen für die Osteotomie und Wurzelspitzenresektion, basierend auf DVT-Daten, ist bereits in der Erprobung und wird die chirurgische Präzision weiter steigern.

Die Forschung an neuen Biomaterialien konzentriert sich nicht nur auf die Knochenregeneration, sondern auch auf innovative retrograde Füllmaterialien, die eine noch bessere Biokompatibilität und Abdichtung bieten könnten. Materialien mit antimikrobiellen Eigenschaften oder solchen, die die Heilung des periapikalen Gewebes aktiv fördern, stehen im Fokus der Entwicklung. Langfristig könnten diese Fortschritte dazu führen, dass die WSR noch minimalinvasiver wird und die Heilungszeiten weiter verkürzt werden.

Die Integration dieser Technologien und Materialien in die zahnärztliche Praxis wird eine kontinuierliche Anpassung und Weiterbildung erfordern. Die langfristige Perspektive ist jedoch klar: Die Wurzelspitzenresektion wird auch in Zukunft ein unverzichtbares Instrument im Arsenal des Zahnarztes bleiben, um Zähne zu erhalten, die andernfalls verloren wären. Die Kombination aus mikrochirurgischer Präzision, fortschrittlichen Biomaterialien und digitalen Innovationen wird die Erfolgsraten weiter steigern und den Patienten eine langfristige und beschwerdefreie Funktion ihrer natürlichen Zähne ermöglichen.

Die Wurzelspitzenresektion: Ein Eckpfeiler des modernen Zahnerhalts

Die Wurzelspitzenresektion hat sich von einem letzten Ausweg zu einem hochmodernen, vorhersagbaren Verfahren entwickelt, das einen entscheidenden Beitrag zum Zahnerhalt leistet. Die Fortschritte in der Mikrochirurgie, die Nutzung biokompatibler Materialien und die Integration digitaler Planungstools haben die Erfolgsraten signifikant erhöht und die Patientenergebnisse verbessert. Für Zahnärzte bedeutet dies die Möglichkeit, auch in komplexen Fällen Zähne zu retten, die früher als hoffnungslos galten. Die kontinuierliche Forschung und die Integration neuer Technologien, insbesondere im Bereich der regenerativen Medizin und der Künstlichen Intelligenz, werden die Wurzelspitzenresektion weiter optimieren und ihre Position als unverzichtbarer Bestandteil der modernen Endodontie festigen. Der Fokus auf Präzision, minimalinvasive Techniken und verbesserte Heilungsprozesse wird den Patienten auch in Zukunft eine langfristige und funktionelle Zahngesundheit ermöglichen.

Quellen
  1. Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG). S2k-Leitlinie Wurzelspitzenresektion, Langfassung. AWMF-Registernummer: 007-007. Stand: Juli 2020. Gültig bis: Juli 2025. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/007-007l_S2k_Wurzelspitzenresektion_2022-12.pdf
  2. Thakur, V., & Kaul, R. (2025). Apicoectomy: A review of clinical concepts and techniques. Journal of Oral Research and Review, 17(1), 77-82. Verfügbar unter: https://journals.lww.com/jorr/fulltext/2025/01000/apicoectomy__a_review_of_clinical_concepts_and.13.aspx
  3. Sabeti, M., Black, N., Ramazani, M., Zarenejaddivkolahei, N., & Moosazadeh, M. (2025). Optimizing Endodontic Surgery: A Systematic Review of Guided Tissue Regeneration, Grafting, and Platelet Concentrates vs. No Intervention. Dentistry Journal, 13(3), 91. Verfügbar unter: https://www.mdpi.com/2304-6767/13/3/91
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