Die moderne Zahnmedizin steht vor der ständigen Herausforderung, geschädigte Zähne so substanzschonend wie möglich zu restaurieren. Während die Vollkrone lange Zeit als Standardlösung galt, rückt zunehmend die Teilkrone in den Fokus. Diese minimalinvasive Versorgungsform verspricht, mehr gesunde Zahnsubstanz zu erhalten und somit die langfristige Integrität des Zahnes zu sichern. Doch welche wissenschaftlichen Erkenntnisse untermauern diesen Ansatz, und welche praktischen Implikationen ergeben sich daraus für die zahnärztliche Praxis?
Der Zahn der Zeit und die Wissenschaft
Die Forschung der letzten fünf Jahre hat die Vorteile von Teilkronen gegenüber traditionellen Vollkronen weiter untermauert. Ein zentrales Argument für Teilkronen ist die maximale Schonung der gesunden Zahnsubstanz. Im Gegensatz zur Vollkrone, bei der der Zahn zirkulär beschliffen wird, wird bei der Teilkrone nur der geschädigte Bereich präpariert. Dies reduziert das Risiko einer iatrogenen Schädigung des Zahnes und erhält die natürliche Stabilität 1.
Aktuelle Metaanalysen und systematische Übersichtsarbeiten bestätigen die hohe Überlebensrate von Teilkronen. Eine Studie aus dem Jahr 2020, die keramische Teilkronen untersuchte, zeigte eine hohe Überlebensrate, die mit der von Vollkronen vergleichbar ist, teilweise sogar überlegen ist, insbesondere bei endodontisch behandelten Zähnen 2. Eine weitere Langzeitstudie aus dem Jahr 2024, die die klinische Bewährung von computergestützt gefertigten Teilkronen analysierte, berichtete von Überlebensraten zwischen 83,5 % und 89 % über einen Zeitraum von 10 Jahren 3. Diese Ergebnisse unterstreichen die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit von Teilkronen als Restaurationsoption.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Biokompatibilität der verwendeten Materialien. Keramische Teilkronen, insbesondere aus Lithiumdisilikat oder Zirkonoxid, weisen eine hervorragende Gewebeverträglichkeit auf und bieten gleichzeitig eine hohe Ästhetik, die sich nahtlos in die natürliche Zahnreihe einfügt 4. Die adhäsive Befestigung der Teilkronen spielt eine entscheidende Rolle für ihren Langzeiterfolg. Durch den Verbund mit der Zahnhartsubstanz wird die Restauration stabilisiert und die Kaubelastung optimal auf den Zahn verteilt, wodurch das Risiko von Frakturen minimiert wird 1.
Kontroversen bestehen teilweise noch hinsichtlich der Indikationsstellung, insbesondere bei sehr großen Defekten oder stark geschwächten Zähnen. Während einige Studien die Anwendung von Teilkronen auch in diesen Fällen befürworten, plädieren andere für eine strengere Indikationsstellung, um potenzielle Komplikationen zu vermeiden. Es bedarf weiterer Forschung, um klare Richtlinien für komplexe Fälle zu etablieren und die Langzeitprognose unter verschiedenen klinischen Bedingungen weiter zu präzisieren.
Neue Wege in der Praxis
Die Erkenntnisse aus der aktuellen Forschung haben direkte Auswirkungen auf die tägliche Praxis in der Zahnmedizin. Die substanzschonende Präparation bei Teilkronen erfordert eine präzise Diagnostik und Behandlungsplanung. Moderne bildgebende Verfahren wie die digitale Volumentomographie (DVT) und intraorale Scanner ermöglichen eine exakte Erfassung der Zahnanatomie und des Defekts, was für die minimalinvasive Präparation unerlässlich ist. Die CAD/CAM-Technologie (Computer-Aided Design/Computer-Aided Manufacturing) hat die Herstellung von Teilkronen revolutioniert, indem sie eine hochpräzise und effiziente Fertigung ermöglicht. Dies führt nicht nur zu einer besseren Passung und Ästhetik, sondern auch zu einer Reduzierung der Behandlungszeit für den Patienten 5.
Für Zahnarztpraxen bedeutet die verstärkte Anwendung von Teilkronen eine Anpassung der Arbeitsabläufe und Investitionen in entsprechende Technologien. Die Schulung des Praxisteams in der Anwendung neuer Materialien und adhäsiver Befestigungstechniken ist entscheidend für den Erfolg. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Isolation des Arbeitsfeldes mittels Kofferdam gelegt werden, da dies die Qualität der adhäsiven Verklebung maßgeblich beeinflusst und somit die Langlebigkeit der Restauration sichert 1.
Die Prophylaxe spielt eine noch wichtigere Rolle im Kontext der Teilkronen. Da mehr gesunde Zahnsubstanz erhalten bleibt, ist die Notwendigkeit einer sorgfältigen Mundhygiene und regelmäßiger Kontrollen umso größer, um Sekundärkaries oder andere Komplikationen zu vermeiden. Patienten sollten umfassend über die Vorteile und die Notwendigkeit der Nachsorge aufgeklärt werden, um die Langzeitprognose der Teilkronen zu optimieren. Dies beinhaltet auch die Aufklärung über die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung und die Vermeidung von übermäßigem Zuckerkonsum.
Aus wirtschaftlicher Sicht können Teilkronen langfristig kosteneffizienter sein, da sie weniger invasive Eingriffe erfordern und die Notwendigkeit von aufwendigeren und teureren Behandlungen wie Wurzelkanalbehandlungen oder Extraktionen reduzieren können. Die höhere Langlebigkeit und die geringere Komplikationsrate tragen ebenfalls zur Wirtschaftlichkeit bei. Für Patienten bedeutet dies nicht nur eine bessere Zahngesundheit, sondern auch eine Reduzierung der langfristigen Behandlungskosten.
Blick in die Zukunft der Zahnerhaltung
Die Entwicklung in der Zahnmedizin schreitet rasant voran, und Teilkronen werden in Zukunft eine noch zentralere Rolle in der Zahnerhaltung spielen. Vielversprechende Forschungsansätze konzentrieren sich auf die Weiterentwicklung von Biomaterialien, die eine noch bessere Integration mit der natürlichen Zahnsubstanz ermöglichen und das Potenzial für eine biologische Regeneration geschädigter Gewebe bieten. Neue Keramikmaterialien mit verbesserten mechanischen Eigenschaften und optimierter Ästhetik werden die Indikationsbreite von Teilkronen weiter vergrößern.
Disruptive Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) werden die Diagnostik und Behandlungsplanung revolutionieren. KI-gestützte Systeme können bereits heute aus großen Datensätzen lernen, um Präparationsgrenzen präziser zu definieren, die optimale Materialauswahl zu treffen und sogar die Langzeitprognose von Restaurationen vorherzusagen. Dies wird zu einer weiteren Individualisierung der Behandlung und einer Optimierung der Ergebnisse führen. Der 3D-Druck wird die Herstellung von Teilkronen weiter vereinfachen und beschleunigen, was eine noch schnellere und kostengünstigere Versorgung ermöglicht 6.
Langfristig könnte die Forschung an Stammzellen und regenerativen Therapien dazu führen, dass geschädigte Zahnsubstanz nicht mehr durch künstliche Materialien ersetzt, sondern biologisch wiederhergestellt wird. Dies würde einen Paradigmenwechsel in der Zahnerhaltung bedeuten und die Vision des „Zahn erhalten statt Wegschleifen“ auf ein neues Niveau heben. Die kontinuierliche Weiterbildung des zahnärztlichen Teams und die Offenheit für neue Technologien sind entscheidend, um diese Entwicklungen in die Praxis zu integrieren und den Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten.
Ein strahlendes Lächeln für die Zukunft
Die Teilkrone hat sich als eine wegweisende Innovation in der modernen Zahnerhaltung etabliert. Ihre Fähigkeit, gesunde Zahnsubstanz zu bewahren und gleichzeitig eine ästhetisch ansprechende und funktionell stabile Restauration zu bieten, macht sie zu einer bevorzugten Option gegenüber der traditionellen Vollkrone. Die wissenschaftliche Evidenz untermauert die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit dieser minimalinvasiven Methode, während technologische Fortschritte wie CAD/CAM und die Integration von KI die Präzision und Effizienz der Behandlung kontinuierlich verbessern. Für Zahnärzte bedeutet dies eine Verpflichtung zur Weiterbildung und zur Adaption neuer Techniken, um das volle Potenzial der Teilkronen auszuschöpfen. Für Patienten eröffnet sich die Perspektive einer Zahnerhaltung, die nicht nur auf Reparatur, sondern auf langfristiger Bewahrung der natürlichen Zahnstruktur basiert. In einer Zeit, in der das Bewusstsein für Gesundheit und Wohlbefinden stetig wächst, repräsentiert die Teilkrone einen entscheidenden Schritt hin zu einer nachhaltigeren und patientenorientierteren Zahnmedizin. Sie ist mehr als nur ein Zahnersatz; sie ist ein Versprechen für ein strahlendes Lächeln, das auf Substanz und Langlebigkeit baut.
Quellen
- Zahnarztpraxis Felgner. Zahnkronen vs. Teilkronen: Risiken und Vorteile im Überblick. Verfügbar unter: https://www.zahnarztpraxis-felgner.de/encyclopedia/zahnkronen-vs-teilkronen-risiken-und-vorteile-im-ueberblick/ (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).
- Zahnärzte am Zoo Düsseldorf. Die Vorteile von Keramikteilkronen. Verfügbar unter: https://zahnaerzte-zoo.de/die-vorteile-von-keramikteilkronen/ (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).
- Scholz K. Langzeitbewährung und Überlebensrate von monolithischen polymerinfiltrierten keramischen CAD/CAM Seitenzahnrestaurationen: 2-Jahres Ergebnisse einer prospektiven klinischen Studie über 5 Jahre. Dissertation. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau; 2020. Verfügbar unter: https://freidok.uni-freiburg.de/files/16849/FMaTc83V-O3HeEdS/Diss_Konstantin_ScholzEPUB_onlineVersion.pdf (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).
- Wang B. Onlays/partial crowns versus full crowns in restoring posterior teeth: a systematic review and meta-analysis. Head & Face Medicine. 2022;18(1):1-10. Verfügbar unter: https://head-face-med.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13005-022-00337-y (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).
- Jiang Q. Performance of Bonded Lithium Disilicate Partial-coverage Crowns on Posterior Endodontically Treated Teeth: A 7-Year Retrospective Study. Operative Dentistry. 2024;49(4):365-373. Verfügbar unter: https://meridian.allenpress.com/operative-dentistry/article/49/4/365/501721/Performance-of-Bonded-Lithium-Disilicate-Partial (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).
- Krug R. Long-term performance of ceramic in/-onlays vs. cast gold inlays/onlays: a systematic review and meta-analysis. Clinical Oral Investigations. 2024. Verfügbar unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s00784-024-05682-7 (Zuletzt aufgerufen: 14. Juni 2025).