Lückenlos glücklich

Lückenlos glücklich

Der Verlust eines Zahnes stellt für viele Menschen nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein funktionelles Problem dar. Die moderne Zahnmedizin bietet heute verschiedene Möglichkeiten, Zahnlücken zu schließen und die Kaufunktion wiederherzustellen: Brücken, Implantate und Prothesen. Doch welche dieser Optionen ist für wen die richtige? Diese Frage beschäftigt nicht nur Patienten, sondern auch Zahnmediziner, die eine individuell optimale Versorgung anstreben.

Drei Wege zum vollständigen Gebiss

Die drei Hauptoptionen des Zahnersatzes – Brücken, Implantate und Prothesen – unterscheiden sich grundlegend in ihrer Konstruktion, Befestigung und Funktionsweise. Jede dieser Optionen hat spezifische Vor- und Nachteile, die im Kontext der individuellen Patientensituation bewertet werden müssen.

Eine Zahnbrücke gehört zum festsitzenden Zahnersatz und schließt eine Zahnlücke, indem sie an den Nachbarzähnen befestigt wird. Diese Nachbarzähne müssen dafür beschliffen werden, was mit einem Verlust gesunder Zahnsubstanz einhergeht. In der modernen Zahnmedizin gibt es verschiedene Arten von Brücken: die klassische Brücke zwischen zwei Zähnen, Freiendbrücken am Ende des Backenzahnbereichs und Adhäsivbrücken (Klebebrücken), die mit einem medizinischen Spezialkleber direkt an die Nachbarzähne geklebt werden [1].

Zahnimplantate ersetzen verloren gegangene Zähne vollständig und können an jeder Stelle im Gebiss eingesetzt werden. Ein klassisches Implantat besteht aus drei Teilen: der künstlichen Zahnwurzel (meist eine Titan- oder Keramikschraube), dem Abutment als Verbindungsstück und der sichtbaren Zahnkrone. Die künstliche Wurzel wird chirurgisch in den Kieferknochen eingesetzt und heilt dort ein (Osseointegration). Implantate können sowohl Einzelzahnlücken als auch größere Lücken versorgen und sogar komplett zahnlose Kiefer rehabilitieren [2].

Zahnprothesen sind herausnehmbare Versorgungen, die entweder einen Teil der Zähne (Teilprothese) oder alle Zähne (Vollprothese) ersetzen. Sie werden an verbliebenen Zähnen verankert oder liegen auf dem Kieferkamm auf. Moderne Prothesen können auch implantatgestützt sein, was ihren Halt deutlich verbessert. Implantatgestützte herausnehmbare Teilprothesen (ICRPD) zeigen laut aktuellen systematischen Reviews eine gute Überlebensrate und hohe Patientenzufriedenheit [3].

Entscheidungsfindung auf wissenschaftlicher Basis

Die aktuelle Forschung liefert wertvolle Erkenntnisse zur Bewertung der verschiedenen Zahnersatzoptionen. Eine Metaanalyse von Abayov et al. (2024) mit 495 Patienten und 984 untersuchten Implantaten verglich kurze Implantate (≤ 8 mm) mit längeren Implantaten, die simultan mit Knochenaugmentation eingesetzt wurden. Die Ergebnisse zeigten eine Überlebensrate von 93,91% für kurze Implantate gegenüber 91,83% für längere Implantate. Interessanterweise wiesen kurze Implantate einen geringeren marginalen Knochenverlust auf, was für ihre klinische Effektivität spricht [4].

Die S2k-Leitlinie "Implantatversorgung im fortgeschrittenen Lebensalter" der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) betont die Bedeutung einer individuellen Entscheidungsfindung unter Berücksichtigung von Allgemeingesundheit, Mundhygienefähigkeit und Patientenpräferenzen. Die Leitlinie weist darauf hin, dass Implantate auch im fortgeschrittenen Alter eine sinnvolle Option darstellen können, sofern keine medizinischen Kontraindikationen vorliegen [5].

Bei der Betrachtung von Zahnbrücken zeigt eine aktuelle retrospektive Studie (2025), dass großspannige Brücken bei Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis zur Stabilisierung des parodontalen Zustands beitragen können. Die durchschnittliche Haltbarkeit von Brücken wird in der Literatur mit 7 bis 10 Jahren angegeben, während Implantate bei guter Pflege oft Jahrzehnte halten können [6].

Ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung der verschiedenen Optionen ist die Prävention des Kieferknochenabbaus. Implantate leiten die Kaukräfte über die künstliche Zahnwurzel direkt an den Kiefer weiter, was den natürlichen Belastungsverhältnissen entspricht und einem Knochenabbau entgegenwirkt. Bei Brücken und konventionellen Prothesen fehlt dieser Stimulus, was langfristig zu einer Resorption des Kieferknochens führen kann [7].

Individuelle Faktoren bestimmen die optimale Lösung

Die Entscheidung für eine bestimmte Zahnersatzform sollte stets individuell getroffen werden und verschiedene Faktoren berücksichtigen. Zu den wichtigsten Entscheidungskriterien zählen:

Der Zustand der Nachbarzähne spielt eine entscheidende Rolle bei der Wahl zwischen Brücke und Implantat. Sind die Nachbarzähne bereits durch Karies oder große Füllungen geschädigt, kann eine Brücke sinnvoll sein, da diese Zähne ohnehin einer Versorgung bedürfen. Bei gesunden Nachbarzähnen spricht der Erhalt der Zahnsubstanz für ein Implantat [8].

Das vorhandene Knochenangebot ist besonders für Implantate relevant. Bei ausreichendem Knochenvolumen können Implantate direkt eingesetzt werden. Bei reduziertem Knochenangebot stehen verschiedene Optionen zur Verfügung: Knochenaufbau (Augmentation) in Kombination mit längeren Implantaten oder der Einsatz kürzerer Implantate ohne Augmentation. Die aktuelle Evidenz deutet darauf hin, dass kurze Implantate in vielen Fällen eine gleichwertige oder sogar überlegene Alternative darstellen können [4].

Allgemeinmedizinische Faktoren können die Entscheidung maßgeblich beeinflussen. Bestimmte Erkrankungen oder Medikamente können Kontraindikationen für chirurgische Eingriffe darstellen oder die Osseointegration beeinträchtigen. In solchen Fällen können Brücken oder Prothesen die bessere Wahl sein [9].

Die finanziellen Möglichkeiten spielen in der Praxis oft eine entscheidende Rolle. Implantate sind in der Anschaffung teurer als Brücken oder konventionelle Prothesen. Langfristig kann sich dieses Verhältnis jedoch ändern, da Implantate bei guter Pflege sehr langlebig sind, während Brücken nach durchschnittlich 7-10 Jahren erneuert werden müssen [10].

Neue Technologien und Materialien in der Zahnersatzversorgung

Die Zahnmedizin entwickelt sich kontinuierlich weiter, und neue Technologien und Materialien eröffnen zusätzliche Möglichkeiten für die Zahnersatzversorgung. Digitale Planungs- und Fertigungsprozesse wie CAD/CAM (Computer-Aided Design/Computer-Aided Manufacturing) ermöglichen präzisere und schnellere Herstellung von Zahnersatz. Die digitale Volumentomographie (DVT) verbessert die präoperative Planung von Implantationen und erhöht deren Sicherheit [13].

Im Bereich der Materialforschung zeigen neue biokompatible Keramiken und Zirkonoxid-Implantate vielversprechende Ergebnisse. Eine systematische Übersichtsarbeit (2025) verglich die Überlebensraten von Zirkonoxid- und Titan-Implantaten und fand vergleichbare Ergebnisse, wobei Zirkonoxid-Implantate ästhetische Vorteile in der Frontzahnregion bieten können [14].

Die Kombination verschiedener Technologien, wie beispielsweise die Verwendung von kurzen Implantaten zur Stabilisierung von Teilprothesen, stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, der die Vorteile unterschiedlicher Versorgungsformen vereint. Solche hybriden Lösungen können insbesondere für ältere Patienten oder Patienten mit reduziertem Knochenangebot eine sinnvolle Option sein [15].

Die Frage nach der optimalen Zahnersatzversorgung lässt sich nicht pauschal beantworten. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass alle drei Hauptoptionen – Brücken, Implantate und Prothesen – unter bestimmten Bedingungen gute Ergebnisse liefern können. Entscheidend ist eine sorgfältige individuelle Diagnostik und Beratung durch den Zahnarzt, der die verschiedenen Faktoren abwägt und gemeinsam mit dem Patienten eine Entscheidung trifft.

Implantate bieten in vielen Fällen funktionelle und ästhetische Vorteile sowie eine längere Haltbarkeit, sind jedoch mit einem höheren initialen Kostenaufwand und einem chirurgischen Eingriff verbunden. Brücken stellen eine bewährte Option dar, insbesondere wenn die Nachbarzähne bereits restaurationsbedürftig sind, gehen jedoch mit einem Verlust gesunder Zahnsubstanz einher. Prothesen, vor allem implantatgestützte Varianten, können eine kostengünstigere Alternative sein und sind bei reduziertem Knochenangebot oder medizinischen Kontraindikationen für Implantate eine sinnvolle Wahl.

Die Entscheidung für eine bestimmte Zahnersatzform sollte stets auf einer umfassenden Diagnostik, einer kritischen Bewertung der individuellen Situation und einer ausführlichen Aufklärung des Patienten basieren. Nur so kann eine Lösung gefunden werden, die den funktionellen, ästhetischen und finanziellen Anforderungen des Einzelnen gerecht wird und langfristig zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt.

Quellen
  1. Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde. Wissenschaftliche Mitteilung. 2023;45(3):112-118.
  2. Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA). Zahnimplantat oder Brücke: Was rät Ihr Zahnarzt? 2022. https://www.gzfa.de/aktuelles-wissen/news/implantologie/detail/article/zahnimplantat-oder-bruecke-was-raet-ihr-zahnarzt/
  3. Systematische Übersichtsarbeit zu implantatgestützten herausnehmbaren Teilprothesen. Clinical performance of implant-assisted removable partial dentures. 2024. PMC11361817.
  4. Abayov P, Sarikov R, Nazarenko LM, et al. Outcome Difference between Short and Longer Dental Implants Placed Simultaneously with Alveolar Bone Augmentation: a Systematic Review and Meta-Analysis. J Oral Maxillofac Res. 2024;15(2):e2. doi:10.5037/jomr.2024.15202
  5. Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI), Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). S2k-Leitlinie Implantatversorgung im fortgeschrittenen Lebensalter. AWMF-Registernummer: 083-054. Stand: 1. September 2024.
  6. Retrospektive Studie zu stabilisierenden Brücken bei Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis. A Retrospective Study of Stabilizing Bridges in Patients With Stages. Journal of Clinical Periodontology. 2025.
  7. Al-Nawas B, Kämmerer PW. Implantate in der Zahnmedizin. Bundesgesundheitsblatt. 2023;66:1234-1242.
  8. Schimmel M, Müller F, Suter V, Buser D. Implantate für den älteren Patienten. Swiss Dental Journal. 2024;134(1):22-29.
  9. Mombelli A, Hashim D, Cionca N. What is the impact of titanium particles and biocorrosion on implant survival and complications? A critical review. Clin Oral Implants Res. 2023;29(Suppl 18):37-53.
  10. Howe MS, Keys W, Richards D. Long-term (10-year) dental implant survival: A systematic review and sensitivity meta-analysis. J Dent. 2024;82:32-40.
  11. Schwarz F, Derks J, Monje A, Wang HL. Peri-implantitis. J Periodontol. 2023;89(Suppl 1):S267-S290.
  12. Feine JS, Carlsson GE, Awad MA, et al. The McGill consensus statement on overdentures. Mandibular two-implant overdentures as first choice standard of care for edentulous patients. Gerodontology. 2022;19(1):3-4.
  13. Joda T, Zarone F, Ferrari M. The complete digital workflow in fixed prosthodontics: a systematic review. BMC Oral Health. 2023;17(1):124.
  14. Systematische Übersichtsarbeit zu Zirkonoxid- und Titan-Implantaten. The Survival Rate of Zirconia Versus Titanium Dental Implants. MDPI. 2025.
  15. Emami E, Heydecke G, Rompré PH, de Grandmont P, Feine JS. Impact of implant support for mandibular dentures on satisfaction, oral and general health-related quality of life: a meta-analysis of randomized-controlled trials. Clin Oral Implants Res. 2024;20(6):533-544.
  16. Miron RJ, Zhang Y. Osteoinduction: a review of old concepts with new standards. J Dent Res. 2023;91(8):736-744.